Nordhessische … Schwache Schiene

Abstract

Die Realität der „starken Schiene“ in Deutschland ist ziemlich schwach: Entgegen den Versprechungen, die in jedem Wahlkampf gemacht werden, existieren immer noch Nachkriegsprovisorien, die die Kapazität auf wichtigen Hauptstrecken einschränken. Dieser Artikel greift drei Beispiel auf.

Nichts hält länger als ein Provisorium

Zwei Bahnreisen in den letzten Jahren innerhalb Deutschlands ließen den Reisenden doch sehr verwundert zurück: Es gibt immer noch Hauptstrecken bei der Bahn, die eingleisige Abschnitte aufweisen, weil die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Brücken nur provisorisch wieder hergerichtet worden sind. Und diese Provisorien existieren nun schon seit rund 75 Jahren, schränken weiterhin die Kapazität der Bahnstrecken ein und verhindern so die Verkehrswende. Ist es 76 Jahre nach Kriegsende nicht langsam Zeit solche Kriegsschäden zu beseitigen und den Wiederaufbau abzuschließen? Und was sagen die Grünen dazu?

Symbolbild für die Bedeutung der Schiene in der deutschen Verkehrspolitik. Das Originalfoto entstand auf dem Lilydale to Warburton Rail Trail im Yarra Valley östlich von Melbourne.

Von Siegen nach Köln

Entlang der Sieg verbindet die Siegstrecke Siegen mit Köln und dem Rhein-Ruhr-Gebiet. Obwohl von Köln kommend die Strecke bis Au (Sieg) neben Regional- und Güterzügen auch von S-Bahnen im dichten Takt bedient wird, befindet sich dort zwischen Blankenberg und Merten ein drei Kilometer langer eingleisiger Abschnitt mit drei Brücken über die Sieg, die nach der Zerstörung der Wehrmacht nur eingleisig wieder aufgebaut worden sind.

Zwischen Schladern und Rosbach besteht eine ähnliche Situation auf zwei Kilometern Strecke mit zwei Siegbrücken.

Besonders skurril: Im Rhein-Sieg-Kreis befürwortet man die Verkehrswende mit „mehr Güter auf Schiene“, befüchtet allerdings, dass genau das passiert und lehnt daher das Schließen der Lücken ab.

Ein weiteres Provisorium konnte man zumindest im Herbst 2018 im Bahnhof Siegen entdecken: ein neuer Bahnsteig errichtet über einem stillgelegten Gleis.

Von Münster nach Emden

Auf der ansonsten zweigleisigen Bahnstrecke entlang der Ems existieren zwei eingleisige Abschnitte, die ebenfalls auf Kriegsschäden zurückgehen:

Wie passend: Auf der Emslandstrecke dauert es nicht nur Jahrzehnte, bis Engpässe eventuell beseitigt werden, es war auch die letzte Strecke, auf der Dampflokomotiven eingesetzt worden sind. Die 043 903 war die letzte planmäßige Dampflokomotive der Bundesbahn und steht jetzt in Emden vor dem Hauptbahnhof.

Von Hamburg nach Cuxhaven

Entlang der Unterelbe führt die gleichnamige Bahnstrecke. Bis Neugraben ist sie für die S-Bahn viergleisig ausgebaut, bis Stade verkehren S-Bahn und andere Züge auf den gleichen Gleisen. Neben dem Regionalverkehr findet auch einiges an Güterverkehr zum (Amerika-) Hafen in Cuxhaven statt. Trotzdem ist zwischen Himmelpforten und Hechthausen ein sechs Kilometer langer Abschnitt mit zwei Brücken nur eingleisig befahrbar. Die Oste-Brücke bei Hechthausen ist dabei eine 1945 von englischen Pionieren errichtete Behelfsbrücke!

In Cuxhaven liegen Hafen und Bahnhof direkt nebeneinander. Früher wurden dort sogar noch die Fische auf die Bahn verladen.