Nordhessische … Genuss—Mittel

Genuss—Mittel

Abstract

Aus aktuellen Anlass (eines Rum-Tastings und beim Aufräumen) stieß der Autor dieser Zeilen über einen Notizzettel: „De-Entfunkionalisierung von Drogen.“ Da das allerdings missverständlich klingt wird direkt auf den Punkt gebracht: Es geht um Genuss, Mittel und entspanntes Tanken von Kraft.

„De-Entfunkionalisierung von Drogen“

Auf dem Notizzettel ist zu dieser Überschrift notiert:

doppelte Verneinung bewusst gewählt

Damit ist gemeint, dass der Präfix De die Funktionalisierung wieder zurücknimmt. Doch was ist mit Funktionalisierung von Drogen gemeint? Ganz einfach:

  1. Der Kaffee (zum Wachwerden)
  2. Der Schnaps nach dem Essen
  3. Die Zigarette gegen Stress
  4. Das Feierabendbier zum 'runterkommen

… und andere Mythen rund um die Frage, wann der Konsum eines Mittels noch Genuss oder schon Droge ist.

Ein Beutel mit Kaffeebohnen
Sieht gut aus, riecht gut und schmeckt frisch gemahlen und aufgebrüht am Besten: Kochend heißer, leckerer, schwarzer Kaffee.

Funktion

Hinter den oben genannten Beispielen steht jeweils eine Funktion bzw. ein „Ritual“:

  1. Man steht morgens ein paar Minuten früher auf um den Kaffee zuzubereiten. Dabei kommt der Kreislauf in Schwung. Im Laufe des Tags macht man eine kurze Pause, bei der man neue Kraft, Konzentration und Muße sammelt.
  2. Das hat tatsächlich nur die Funktion das Völlegefühl zu betäuben. Ein Espresso regt die Verdauung an, der Alkohol bremst sie aus, ist also kontraproduktiv.
  3. Man verlässt seinen Arbeitsplatz für fünf Minuten und geht an die (bis auf den Tabakqualm) frische Luft. Dabei gelangt neben Nikotin Sauerstoff ins Blut, was die kognitive Leistungsfähigkeit erhöht.
  4. Klar, Hopfen hat eine beruhigende Wirkung. Aber „beim entspannten Bierchen“ zelebriert man den Feierabend und gewinnt Abstand vom Arbeitsalltag.
eine kleine Holzkiste mit Pralinen
Auch mit diesem Genuss kann man entspannen. Wie das Bild zeigt, hat der Autor das bereits einmal getan.

Genuss und Muße

Was selbstverständlich klingt, geht an vielen, die Genussmittel wie oben beschrieben funktionalisieren, oft vollkommen vorbei. Dabei zeigt sich gerade bei Tastings, also wenn man sich Zeit für den Genuss nimmt, wie viel Muße im Konsum dieser „Substanzen“ steckt.

Whisky-Tasting – macht doch jeder, spricht der Weinkenner

Der „Klassiker“ dabei dürfte Whisky sein: Gibt man so viel Geld für eine Flasche davon aus, dass man ihn nicht mehr „zum Feiern“ mit Cola verdünnt, bietet sich ein breites Sortiment an Aromen, abhängig von der Herkunft, Herstellung, Lagerung und Abfüllung. Besonders beeindruckend sind dabei die Getränke (nicht nur Whiskys oder Weine), die auf der Zunge und im Abgang eine ganze Geschmacksvielfalt offenbaren.

Es gibt allerdings noch viele andere Getränke, die komplexe Aromen bieten, wie z.B. Tee oder Kaffee. Allerdings findet man die eher selten fertig abgepackt im Supermarkt, sondern muss in einen Teeladen oder bei einem Kaffeeröster fündig werden.

Eine Flasche Rum und eine Flasche Whisky
Zwei klassische Genussmittel mit komplexen Aromen – Rum (links, Black Sheriff) und Whisky (rechts, Kilbeggan).

Was steht denn hier Rum?

Während die Nachfrage nach Whisky in den letzten Jahren spürbar angestiegen ist und der Markt bei manchen Sorten von Sammlern und Spekulanten leergekauft wird, stehen andere Spirituosen vollkommen zu Unrecht im Schatten. Das hat allerdings den Vorteil, dass die Preise geringer sind. Beim Whisky kommt auch noch die lange Reifezeit dazu, das heißt, dass die gestiegene Nachfrage aktuell nicht zeitnah mit einem steigenden Angebot befriedigt werden kann. Ein guter Single Malt braucht eben sein Jahrzehnt (oder länger) in einem Holzfass.

Ein Getränk mit ähnlichem Geschmacks- und Genusserlebnis ist Rum. Ein guter Rum lag auch seine Zeit in einem Fass und zergeht mannigfaltig auf der Zunge. Wer das Interesse und die Muße mitbringt, sollte daher unbedingt einmal an einem Rum-Tasting teilnehmen.

Während Whiskys häufig herb und stark im Geschmack sind, zeichnet viele Rums eine Grundsüße vom Zuckerrohr aus. Dadurch harmoniert Rum mit etlichen Speisen, so dass sich ein ganzer Gang als Kombination aus Speise + Rum darstellt. Solche Tastings werden auch als Food Pairing bezeichnet und erweitern den kulinarischen Horizont ungemein. Als Beispiel nehme man eine Nougatpraline, träufele Fruchtessig darauf, beiße davon ab und genehmige sich einen Schluck Rum Albrecht. Das war zwar die Überraschung des Abends, weil dieser Rum pur am ehesten nach Kirschwasser schmeckt, aber das persönliche Highlight ist oben abgebildet: kommt sowohl pur als auch mit Burgern gut.

So ein Tasting ist eben auch eine sehr kurzweilige und äußerst entspannte Art einen Abend stilvoll zu genießen.