Nordhessische … Das Problem der Popmusik …

Das Problem der Popmusik …

Abstract

Das Neo Magazin Royale Episode 75

… auf den Punkt getroffen: In Episode 75 seiner Sendung Neo Magazin Royale hat sich Jan Böhmermann kritisch mit der zeitgenössischen Popmusik und dem Musikpreis Echo auseinander gesetzt und es ist alles dabei: Produktplatzierung, inhaltsleere Ablenkung vom Alltag und Texte, die Andere schreiben.

Eigentlich nichts Neues

Wer sich mit popkultureller und populärer Musik der letzten Jahrzehnte beschäftigt, wird im Punkt Eier aus Stahl: Max Giesinger und die Industriemusik des Neo Magazins vom 6. April keine große Überraschung erleben. Größtenteils inhaltsleere Ablenkung vom (grauen) Alltag wird von Leuten getextet und von repräsentativen Menschen gesungen oder auch nur „präsentiert“ (vielleicht erinnert sich noch jemand an die „Hacks“ von Frank Farians Projekten Boney M. oder Milli Vanilli). Auch Produktplatzierungen in Musik und -videos sind im Grunde ein alter Hut. Man braucht sich nur die Charts der letzten Jahrzehnte anzuschauen und -hören und wird ein Déjà-vu nach dem anderen erleben.

Allerdings …

Bevor man es mit der Kritik an Popmusik an dieser Stelle dann sein lässt, bietet es sich an, wahlweise die komplette Sendung oder die Statistik hinter den Musikcharts anzusehen. Denn auch wenn sich Musikpreise immer noch für wichtig und relevant halten, sind sie es nicht mehr. So sagten nicht nur dem Autor dieser Zeilen, sondern auch dem Gast der Sendung, Marius Müller-Westernhagen, die Namen etlicher der Nominierten nichts.

Die „Qualität“ der Popmusik mag das begründen, aber auch der Bedeutungsverlust auf Grund anderer Musikkanäle und Hörgewohnheiten trägt deutlich dazu bei. Es ist nicht mehr selbstverständlich, sich den halben Tag mit Dudelfunk aus dem Formatradio beschallen zu lassen um dann nach Feierabend die Single zu kaufen, die tagsüber auf Heavy Rotation lief. Internetstreams von Sendern und Plattformen sowie große Festplatten ermöglichen ein individuelles Hörerlebnis jenseits des Mainstreams. Dazu kommt, dass lange nicht mehr so viele Tonträger verkauft werden wie noch in den 1990ern, am Übergang zwischen Schallplatte und CD. Dem entsprechend reichen heute deutlich weniger Verkäufe, um eine gute Chartplatzierung zu erreichen.

Innerhalb seiner Filterblase hat die Popmusik noch die (relative) Bedeutung, die sie sich einbildet, aber absolut gesehen verliert sie massiv an Bedeutung – weil es auch viel einfacher ist, an hochqualitative Musik zu kommen, man kann damit ganze Radiosendungen über Jahre füllen. Und das von Böhmermann als „Industriemusik“ bezeichnete Geschäft hat viel für seinen eigenen Bedeutungsverlust getan, mit Castingshows und der nächsten großen Bandidee, den ganzen musikalischen Säuen durch immer mehr Dörfer und dem so genannten Loudness war. Da fällt dann plötzlich die Musik auf, die vom Mainstream abweicht.

Einen Spiegel vorhalten

Gerade der qualitative Aspekt von Popmusik ist es auch, dem Böhmermann den Spiegel vorhält, indem er seichteste Klänge mit zufällig verwürfelten Tweets Anderer zu einem prototypischen Popsong kompiliert: Menschen Leben Tanzen Welt. Wem das in der Sendung zu schnell ging mit den „Affen aus dem Gelsenkirchener Zoo“, kann sich auch den sieben Jahre alten Pop Song von Jon Lajoie anhören (und anschauen). Der kanadische Künstler besingt auch treffend das Formatradio, indem er diesem einen Radio Friendly Song widmet. Und wer jetzt alle drei Hörbeispiele aufmerksam durch hat, dem dürften vielleicht die Rezepte eines „Nummer-1-Hits“ aufgefallen sein … (Psst: nicht zu viel denken, das lenkt nur ab!)