Nordhessische … Filmrezensionen: Männerbilder

Filmrezensionen: Männerbilder

Abstract

Das 28. dokfest begann im Filmladen mit einem „Männertag“: Konrad Mühe stellt «Fragen an meinen Vater» und Susanne Binninger konnte eine «Reine Männersache» dokumentatorisch begleiten. Anschließend wurden im Gloria von Götz Penner «Schlaue Bauern» gezeigt – ausnahmslos Männer. Robert Bienert (männliches Redaktionsmitglied) hat alle drei Filme gesehen.

Konrad Mühe stellt mit seinem Kurzfilm Fragen an seinen Vater, den 2007 verstorbenen Schauspieler Ulrich Mühe. Der Film besteht aus Sequenzen von Filmen mit Ulrich Mühe, die zu Fragen zusammengeschnitten sind und das Vater-Sohn-Verhältnis thematisieren bzw. aufarbeiten. Durch den frühen Krebstod seines Vaters (mit 54 Jahren) konnten viele existenzielle Fragen nicht mehr gestellt und vor allem nicht mehr beantwortet werden. Während sich der Film den Fragen durch den Schnitt der Sequenzen nähert, wird allerdings auch sehr deutlich, dass es wegen des Todes des Vaters keine Antworten mehr geben kann. Eine der wichtigsten Fragen, nämlich ob er seinem Sohn ein guter Vater war oder auf Grund der Arbeit als Schauspieler zu wenig Zeit für ihn hatte, ist dabei der rote Faden dieses Kurzfilms. Einige Schnitte lassen jedenfalls darauf hindeuten, dass sich der Sohn manchmal „mehr Vater“ gewünscht hätte und er gerne noch ein paar Antworten erhalten hätte.

Dieser Film war mit dieser Fragestellung eine gute Überleitung zm im folgenden rezensierten Hauptfilm.

Reine Männersache

Früher war alles einfach und klar geregelt: Der Mann geht auf die Jagd, die Frau pflückt Beeren und hütet die Kinder. Mit der Evolution wurde daraus beim Mann das Jagen von Geldscheinen und bei der Frau das Pflücken von Waren im Supermarkt – und das Hüten der Kinder. So einfach stellen sich leider immer noch sehr viele Bürger das Leben vor, wie diese Dokumentation von Susanne Binninger zeigt. Trotz jahrzehntelanger Emanzipationsmühen der Frauen, vätergerechter Personalführung im Management oder neuen Rollenbildern in der Werbung, wie sie im Film gezeigt wird, sind Personen wie der im Film vorkommende Tagesvater, dessen Frau als Managerin einfach mehr Geld verdient, immer noch sehr selten. Studien der dokumentierten Partnervermittlung offenbaren bei vielen Menschen – Männern und Frauen, auch bei diesem Unternehmen – immer noch Rollenbilder der „tiefsten 50er Jahre“. Gleichzeitig sind aber tatsächlich die Anforderungen an den Mann gestiegen und ergeben ein Spannungsfeld zwischen Job, Hobby und Familie – Ernährer und Warmduscher, vermeintliche Stärke und Schwäche. Einfach ist dies nicht und so bilden sich „Männerclubs“ oder Vereine, in denen sich Männer über Männlichkeit austauschen können.

Der (männliche) Zuschauer (und vielleicht auch einige der Zuschauerinnen) hatten wohl vor dieser Dokumentation die Gesellschaft für weiter, für moderner gehalten, was tradierte und tatsächlich Rollen von Mann und Frauen anbetrifft. Der Autor dieser Zeilen war jedenfalls erschrocken, wie verbreitet im Wunschdenken nach einfachen Lebensverhältnissen doch das klassische Klischee vom „jagenden Mann und der Hausfrau“ immer noch ist – und zwar bei beiden Geschlechtern. Soll das etwa das Resultat von vierzig Jahren Emanzipationsbewegung sein? Obgleich den Männern die Härte der Haus- und Familienarbeit bewusst ist und einige gerade des wegen in den Job fliehen. Oder werden diese traditionellen Bilder, wie sie hauptsächlich die Studien dieser Partnervermittlung „für Akademiker“ (sic!) vermittelt, nicht doch von der Realität in Form von „Work-Live-Balance“ (Vereinbarkeit von Arbeit und dem Leben, nicht nur der Familie) und Familienmännern in der Werbung eingeholt? Diese Dokumentation zeigt, dass für die Emanzipation beider Geschlechter in den letzten vierzig Jahre zwar schon einiges erreicht worden ist, es aber immer noch sehr viel zu tun gibt. So werden Männer und Frauen leider viel zu oft für die gleiche Tätigkeit nicht gleich entlohnt, obwohl sie das Gleiche verdienten.

Schlaue Bauern

… wirtschaften im Einklang mit der Natur und „produzieren“ dabei Biolebensmittel, wie Götz Penners Dokumentation über vier Biobauern aus der Warburger Börde zeigt. Während drei von ihnen ganz klassisch einen Hof bewirtschaften und neben der Landwirtschaft noch viel mit „Papierkram“ und Vermarktung am Hut haben, praktiziert der vierte im Bunde, Matthias, das „Prinzip Gewinnminimierung“: Er besitzt Schafe und Kühe in einem Naturschutzgebiet (NSG), um welches er sich auch kümmert. Die Landwirtschaft ist dabei sein Leben, er lebt im NSG und versucht möglichst autark zu sein. Sein Ziel ist dabei, nur so viel zu arbeiten, wie er auch tatsächlich Geld benötigt. Sein Gewinn ist die resultierende Freizeit, die er Dank eines Wasserkraftwerks nun auch spät abends noch nutzen kann.

Die anderen drei Bauern versuchen größer im Geschäft um Biolebensmittel mitzumischen und bewirtschaften große Höfe mit etlichen Mitarbeitern. Sie befinden sich dabei häufig im Spannungsfeld zwischen gutem Willen, Landwirtschaft als Kulturtechnik und dem Markt. Der städtisch geprägte Zuschauer lernt nämlich u.a., wie Ackerbau und Viehhaltung auf einem Hof eigentlich ineinander greifen und einen natürlichen Wirtschaftskreislauf ergeben. Doch niedrige Marktpreise auf Grund hoher Erzeugermengen selbst im Biosegment lassen z.B. die Kuhhaltung unrentabel sein oder ermöglichen den Export von Getreide um den halben Globus. Landwirt Ottmar kommentiert: „Mit Ökologie hat das nichts mehr zu tun.“ Ähnlich verwundert sollte der Kunde im Lebensmitteleinzelhandel sein, wenn ihm z.B. eben diese Biomilch aus dem anderen Ende der Republik angeboten wird. Transport und Herstellung sind dann noch zu billig im Vergleich zu regionalen Produkten. Die Bauern in diesem Film sind daher über Preissteigerungen bei den Lebensmitteln oder deren Verarbeitung gar nicht so unglücklich, weil es ihre regionale Rolle stärkt.

Insgesamt sind wohl die äußerst niedrigen Lebensmittelpreise in Deutschland ein großes Problem für eine nachhaltige Produktion. Ottmar erklärt dazu, „wir haben die teuersten Küchen in Deutschland und die billigsten Lebensmittel.“ Welche Rolle dabei niedrige Löhne oder Sozialleistungen spielen, wird allerdings nur kurz angerissen, denn wer mit dem SUV zum Einkaufen fährt, kann auch Bio kaufen und muss nicht zum Discounter.