Nordhessische … Dokfest-Blog: Neblig bei 4 °C

Dokfest-Blog: Neblig bei 4 °C

Abstract

Der erste Dokfest-Tag gestaltete sich für mich neblig bei 4 °C Außen- bzw. Abendtemperatur. Vielleicht war das Grund, wieso bereits mittags einige Abendvorstellungen restlos ausverkauft oder zumindest äußerst gut gefüllt waren. Es lohnt sich, stets einen „Plan B“ im Katalog zu haben – nur kann sich dieser Plan durchaus auch als „anstrengend“ gestalten.

Kassel Scheidemannplatz im Nebel
Der Scheidemannplatz nach bei 4 °C im Nebel

Hübscher 50er-Jahre-Empfang …

Der erste Publikumstag des 28. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofests, kurz Dokfest, begann recht hübsch am Empfang bzw. „Counter“, der dieses Jahr im Foyer des Offenen Kanals Kassel (OK) zu finden ist. Das bisherige Etablissement gegenüber der „Bahnhofsgaststätte“ Gleis 1 gehört nun einem Café. Während dieser Ort mit seinem vielen Glas recht hell und übersichtlich war, ist der neue Counter nicht sofort zu entdecken. Wie so oft allerdings mit Kassels Nachkriegsarchitektur sind die Kleinode eher unscheinbar und versteckt. Das Foyer des OK gehört definitiv zu diesen Kleinoden, wie auch beispielsweise das Gloria-Kino.

… und erste Enttäuschung: Ausverkauft!

Ein spannendes Programm hätte es werden können: «Fragen an meinen Vater» und «Reine Männersache» im Filmladen, anschließend «Schlaue Bauern» im Gloria und dann wieder zurück in den Filmladen für «Work Hard - Play Hard». Nur waren schon genug andere Filmfreunde bereits nachmittags schneller um den Filmladen komplett auszuverkaufen. Nach dieser Erfahrung wurde schnell ein Programm für das Dokfest gebastelt und wo nötig bzw. noch möglich schnell reserviert. Die heutige Spätvorstellung im kleinen Filmladen kann kommen! Bei allen gestrigen Vorstellungen gestern und den bereits heute gesehenen Filmen («Home of the Free» im Filmladen und «Stadtplan: Trümmer der Zukunft» im Bali – Rezensionen folgen im Laufe der Nacht) strömten die Cinephilen in die Lichtspielhäuser, dass man sich fragt, wo dieses Publikum denn sonst in Kassel ist? Oder treibt die durchaus stimmige Novemberatmosphäre die Nachtschwärmer in die Kinos?

Nicht unbedingt etwas für Nachtschwärmer

Titelbild zum Film «Echoes» von Ivalo Frank aus der Session «Subjektive Orte».
Titelbild zum Film «Echoes» von Ivalo Frank aus der Session «Subjektive Orte».

Mein Plan B, «Subjektive Orte» im Bali, stellte sich allerdings nur bedingt als Programm für Nachtschwärmer heraus, da sich fast alle Filme dieser Session etwas „zogen“. Vielleicht sind die Ansprüche nach fünf Stunden Film zuvor auch anders. Zumindest beim letzten Film «ECHOES» von der auch zur Diskussion anwesenden Ivalo Frank trägt die Stimmung des Films der Atmosphäre auf Grönland Rechnung. Trotzdem wäre dieser Film sowie die anderen eher etwas für ausgeschlafene Gäste gewesen. Einzig «The High Level Bridge» von Trevor Anderson ist wegen seines düsteren Porträts einer „Selbstmörderbrücke“ wirklich in Erinnerung geblieben, sowie Felice Hapetzeders «Home and away» über drei junge Türkinnen und Türken, die von ihrer neuen Heimat, ihrem Istanbul, erzählen. Alle drei leben in der Metropole frei nach Woody Allen:

Auf dem Dorf wohnt man zum Amüsieren der Nachbarn, in der Stadt um sich selbst zu amüsieren.

Der Film zeigt, dass die typischen Eltern-Kind-Konflikte über den nachschulischen Lebensweg und -ort global und kulturenübergreifend existieren. Nur warum soll man sich freiwillig einengen lassen und auf Chancen und Erfahrungen verzichten, wenn man auch ganz andere Möglichkeiten hat? Dann doch lieber in einem kleinen, versteckten Park auf Istanbul schauen als in einem Dorf versauern.