Nordhessische … Vom Elsass durch die Südpfalz

Abstract

Diese Gegend wird nicht ohne Grund Toskana Deutschlands genannt – und hat zudem viel europäische Geschichte zu bieten. Dies lässt sich gerade auf dem Fahrrad im wahrsten Sinne des Wortes erfahren und die Eindrücke regen dann nicht nur zum Genießen, sondern auch Nachdenken an.

S-Bahn Rhein-Neckar außerhalb der Hauptverkehrszeit

Die Tour führt von Wissembourg durch die Südpfalz an den Rhein, so dass die „nullte“ Etappe die Anreise nach Wissembourg ist. Aus dem Gebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar bietet sich der kostensparende Weg über Neustadt an der Weinstraße an, der komplett im Verbundgebiet liegt. Doch selbst nach der morgendlichen Hauptverkehrszeit schafft es die Kombination aus S3/S4, S1/S2 und RB53 die Anreise aufregend zu gestalten: die S3/S4 erreicht den Bahnhof mit 10 Minuten Verspätung, aus denen auf den wenigen Stationen bis Heidelberg 15 Minuten werden – die Übergangszeit zur S1/S2 betragen planmäßig 22 Minuten.

Die S1/S2 fährt mit wenigen Minuten Verspätung in Heidelberg los, die sich bis Ludwigshafen auf gute 5 Minuten aufsummieren – der planmäßige Übergang in Neustadt (Weinstraße) beträgt 6 Minuten. Da in Schifferstadt noch ein IC sowie ein ICE vorbeigelassen werden müssen, wird der Anschluss nur erreicht, weil die S-Bahn am Bahnsteig gegenüber der Regionalbahn hält und die RB den Anschluss abwartet.

Auf der Fahrt durch die malerische Südpfalz holt die Bahn übrigens die Verspätung aus dem Anschluss in Neustadt wieder ein und erreicht Wissembourg pünktlich. Dieses Phänomen, dass die Anschlüsse die notorische Unpünktlichkeit der S-Bahn Rhein-Neckar wieder einfangen, kann man sehr oft beobachten. Die Ursache ist so simpel erklärt wie kompliziert zu beheben: Der S-Bahn Rhein-Neckar fehlt die eigene Netzinfrastruktur, so dass verspätete Fernzüge oder gar „vordrängelnde“ Güterzüge zu Verspätungen führen, die sich „Dank“ der sehr optimistischen Ein- und Aussteigezeiten sehr schnell aufsummieren.

Wissembourg hat eine schöne Altstadt, die vom Fluss Lauter durchflossen wird. Motive wie dieses gibt es in der ganzen Stadt.

Nicht nur die schöne Altstadt von Wissembourg, sondern auch die geplante Rückfahrt mit dem Fahrrad entschädigen dann „für die entstandenen Unannehmlichkeiten der Fahrt“.

Randnotiz

Die Bahnstrecke von Neustadt (Weinstraße) nach Wissembourg verläuft die letzten zweieinhalb Kilometer auf französischem Staatsgebiet; dieses Stück dürfte damit der SNCF Réseau gehören. Bei der Fahrt mit dem Zug hört und spürt man direkt den Grenzübertritt: Das Gleis in Frankreich ist in einem sehr viel schlechteren Zustand als noch auf deutscher Seite.

Wissembourg

Der Wissembourger Bahnhof liegt zentral direkt am Rand der Altstadt, die man durch ein paar Gassen schnell erreicht hat. Nicht nur das obige Foto, sondern auch das folgende der ehemaligen Abteikirche Église Saints-Pierre-et-Paul verschaffen einen Eindruck, wie pittoresk und angenehm diese Stadt ist. Weitere Fotos von dieser Tour und Wissembourg sind in der separaten Bildergalerie Toskana Deutschlands zu finden.

Die Église Saints-Pierre-et-Paul ist die ehemalige Abteikirche von Wissembourg und liegt am westlichen Rand der Altstadt. Auf dem Foto ist der Kreuzgang zu sehen.

Angenehm ist u. a., dass man als Radfahrer in Frankreich gleichberechtigt am Straßenverkehr teilnimmt. Praktisch ist auch, dass man im Elsass auf Grund der europäischen Geschichte in dieser Gegend – einschließlich der Südpfalz – sowohl als Franzose als auch als Deutscher verstanden wird. Bestellt man in einer kleinen Boulangerie einen Cappuccino s'il vous plaît und versteht die Frage nach dem sucre nicht gleich, wird die Frage auf deutsch wiederholt und auf französisch beantwortet. Ebenso wird noch auf deutscher Seite im Zug prochain gare de … angekündigt.

Europa

Neben dem gelebten europäischen Alltag hier im Grenzgebiet, das Dank des Schengen-Abkommens gar kein richtiges Grenzgebiet mehr ist, ist die Gegend auch reich an europäischer Geschichte: Sei es die ehemalige Grenzstation im Norden Wissembourgs, französische Ortsnamen in Deutschland oder deutsche Ortsnamen in Frankreich, die Vorbeifahrt mit dem Zug am Hambacher Schloss – oder folgender Anblick am Radweg in Steinfeld:

Reste der so genannten Höckerlinie des Westwalls in Steinfeld. Das Foto wurde am Ortseingang von Steinfeld (GEO-Koordinaten) aufgenommen.

Hier (und damit auch in Germersheim, einem weiteren Etappenpunkt) und dann zwei Tage später bei der Wanderung aufs Hambacher Schloss sind diese ganzen Eindrücke in einen Text über die „Schwarz-Rot-Goldene Heimat“ eingeflossen.

In die Ebene

Vorbei an den aktuell „geschichtsträchtigen“ Orten Kandel und Herxheim (kleine Lesekompetenzübung: Die „Hitlerglocke“ hängt natürlich nicht in Herxheim bei Landau, sondern in Herxheim am Berg) führt die Tour durch eine hügelige Landschaft, deren Dörfer teilweise wie in der italienischen Toskana aussehen (siehe auch die Bildergalerie Toskana Deutschlands), hin in die Rheinebene.

Zumindest das Hügelige hatte hier sein Ende, der Gegenwind blieb: am Rhein bei Germersheim.

Es ist immer eine Verschnaufpause wert einen kleinen Schlenker zum Rheim zu fahren, sich ans Ufer zu setzen und dem Strom und den Schiffen darauf zuzuschauen, bevor man dann wieder in die Pedale tritt. Da die Radwege hier in einem guten Zustand und die Dorfstraßen nur mäßig befahren sind, macht das sogar sehr viel Spaß. Die einzige brenzlige Situation entstand im Heimatort, als ein Autofahrer beim Linksabbiegen nicht auf das entgegenkommende Fahrrad achten wollte.